www.ralfgodde.de

Presseberichte:

 

Mythos Rhein – Mythos Mosel

von Dr. Kurt Eitelbach, ehemaliger Direktor des Mittelrhein-Museums Koblenz

Es gehört geradezu Mut dazu, heute noch ein Mosel- oder Rheinbild zu malen. Sind doch beide Landschaften, möchte man sagen, „ausgemalt“. Die Künstler haben sich ja scharenweise auf Rhein und Mosel „gestürzt“, haben sie wieder und immer wieder gezeichnet, aquarelliert und gemalt. Und wie sind erst unsere rheinischen Maler dem Zauber des heimatlichen Zweistromlandes verfallen. Die Staffeleien standen ja im 19. Jahrhundert dicht an dicht an den Ufern von Rhein und Mosel. Die Künstler mit ihren Paletten gehörten sozusagen zum Landschaftsbild.

Ja, es gehört eine Portion Mut dazu, heute noch ein Rhein- und Moselmaler zu sein. Muss sich doch der heutige Künstler fragen - und auch Ralf Godde muss das: kann ich zu diesem sozusagen „lückenlosen“ Porträt unserer Heimat noch etwas, und zwar etwas Wesentliches, hinzufügen? Vermag ich Rhein und Mosel mit neuen Augen zu sehen, vor allem: mit neuen Augen sehen zu lassen?

Und das ist es, was ich bei den ersten Ausstellungen, bei der ersten Begegnung mit dem Maler Godde empfunden habe: hier hat ein Künstler Rhein und Mosel geradezu neu entdeckt, sie um bisher Unbekanntes bereichert. Und das will etwas heißen: Sind doch Rhein und Mosel seit den „Halluzinationen“ eines William Turner und dem impressionistischen Lichtzauber Edvard Munchs – um Hans Altmeier, Hanns Sprung und Herm Dienz nicht zu vergessen -, sind sie doch geradezu unsere „Hausflüsse“ geworden. Vor allem seit der Romantik: Die Romantik hat ja nicht nur um die Idyllik, sie hat auch um die Himmel und Erde umfassende Dramatik der Mosel und des Rheins gewusst.

Dramatik – damit ist ein Stichwort gefallen, ein Stichwort zu Ralf Goddes Schaffen überhaupt. Goddes Dramatik – er spachtelt und lasiert, er beherrscht Gouache, Tempera und Öl gleichermaßen – Goddes Dramatik ist eine Dramatik der Farben. Farben, die die Leinwand in Brand zu setzen scheinen. Sie glühen von einem inneren Feuer. Es siedet unter der Oberfläche. Es brodelt wie von geheimen Vulkanen. Und das Gelbgold von Goddes Gemälden: Es ist, als wäre das Rheingold geschmolzen und in den Strom hinein geschüttet worden.

Dann wieder „kühlt“ Godde seine Dramatik durch Blau und Weiß ab – Lieblingsfarben von ihm. Er setzt „Highlights“ wie den Binger Mäuseturm in die Einsamkeit einer weiten blau-weißen Landschaft, um über Berge, Burgen und Flüsse aber auch immer wieder die Sonne leuchten zu lassen. Wenn wir Goddes Schaffen überblicken, scheint gerade das Besondere an diesem Künstler zu sein, dass in seinem Werk Temperament und Idylle, alles, was wir an Rhein und Mosel lieben, dass nichts davon seiner Palette fremd ist, dass dies alles bei ihm zu einer einzigen Schau zusammenfließt.

Ja, auch Ralf Godde ist dem Zauber von Rhein und Mosel verfallen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass er Rhein und Mosel unermüdlich bereist, unermüdlich malt. Dass er in den Orten längs der Flüsse Ausstellung um Ausstellung organisiert und – wo gibt es das ein zweites Mal? – per Schiff mit Fans und Freunden von Vernissage zu Vernissage schippert?

Ausgangspunkt für seine Ausstellungen, für seine „Kreuzfahrten“: Ausgangspunkt ist immer Koblenz. Und Koblenz – hoch vom Ehrenbreitstein gesehen – ist eines seiner packendsten Bilder: wie aus farbigem Email gehämmert: voller Schönheit, voller Geschichte, gezeichnet vom Schicksal.

Diese Fahrten sind Fahrten der Überraschung – Reisen zur unbekannten Mosel – zum unbekannten Rhein. Fahrten in Neuland – oder wer hätte Burg Reichenstein je so gesehen: so zernagt von Wetter und Geschichte, so vollgesogen von Sonne? Oder die Ruine Ehrenfels: eingebettet in farbige Felder, als wären es Intarsien? Da bin ich Jahre in Schloss Liebieg ein- und ausgegangen – aber so verwandelt in Goldfiligran hat Godde es mir erst gezeigt. Wen wundert es, dass Schloss Stolzenfels die Fantasie des Künstlers unablässig beschäftigt hat, dass sich Bild um Bild herauskristallisierte, bis sie zu „Ikonen“ wurden, Ikonen, wie sie Wilhelm IV. geträumt haben mag. Unvergesslich das Görres-Denkmal in den Rheinanlagen: - Godde vergeistigt es zur Vision: zur Vision dieses Visionärs von Katholizismus und Politik.

Bei meinem letzten Besuch in Goddes Atelier – in dem sich auch ein Toulouse-Lautrec wohl gefühlt hätte -, stand groß in der Mitte des Raumes die Kathedrale von Metz. Der „Mythos Mosel“ – der „Mythos Rhein“: sind sie noch nicht zu Ende erzählt? Liegen die Schiffe wieder bereit?

Februar 2005 - Dr. Kurt Eitelbach